Eigentlich sollte ich lernen. Morgen habe ich einen Antrittstest. Mein Problem ist, dass mich gerade ein Werbeplakat irritiert. Da steht drauf: „Unsere Stärke ist, dass wir bessere Ideen haben, als unsere Konkurrenten.“

Aufgefallen ist mir das Plakat zuerst, weil die Konkurrenten geschrieben haben. Die trauen sich echt Konkurrenten zu schreiben und nicht Mitbewerber und Markbegleiter.

Irgendetwas macht mich nervös

Ich kann meinen Blick nicht davon lassen und werde nervös. Irgendetwas beunruhigt mich. Also, da ist ein Elefant drauf, der hupft mit irgendwas im Rüssel übers Bild wie eine Gazelle. Dann sind da drei Männer in dunkeln Anzügen vor einem Modell eines 08/15 Gebäudekomplexes. Vor einer Theke, die anscheinend nix mit ihnen zu tun hat. Einer der drei Männer schaut total ernst, die anderen beiden versuchen zu lachen.

Wart, wart, wart!

08/15, Anzüge, Gebäudekomplex, Theke?

Die wollen bessere Ideen haben?

Die haben vielleicht viel Geld. Die Anzüge sind zweifelsohne teuer, vor allem die Manschettenknöpfe vom Grimmigen.

Also ich hab keine Ahnung, was die machen, gute Ideen trau ich denen nicht zu, weil alles, was die da auf dem Plakat bieten, kenne ich schon.

Ich überlege, warum ich mit denen nichts zu tun haben möchte. Ich glaub´s ihnen einfach nicht. Wahrscheinlich sind die erfolgreicher als ich. Wahrscheinlich haben die mehr Geld als ich. Wahrscheinlich sind die gescheiter als ich. Ich glaube ihnen nur nicht, dass sie bessere Ideen haben als ihre Konkurrenz. Wenn die tatsächlich bessere Ideen hätten, dann würden die das auch auf dem Plakat zeigen. Mir drängt sich der Gedanke auf, dass die Konkurrenz vielleicht billiger ist und noch dazu bessere Ideen hat.

Wenn wir etwas oder jemanden nicht einordnen können, fürchten wir uns!

Während ich das schreibe, merke ich, dass ich mich vor den Typen fürchte. Menschen fürchten sich in erster Linie vor Situationen, die sie nicht einordnen können.

Wenn wir Werbung machen, wenn wir in der Öffentlichkeit auftreten, dann müssen wir es den Betrachtern ermöglichen uns einzuordnen. Die dürfen keine Angst vor uns haben. Wenn wir in der Werbung anders auftreten, als wir tatsächlich sind, dann können wir möglicherweise nicht eingeordnet werden und unser Gegenüber hat Angst, auch, wenn es im ersten Moment nicht so scheint.

Wenn wir Angst haben, können wir kein Vertrauen aufbauen!

Heute haben unsere zukünftigen Kunden, Patienten und Klienten, die bestehenden Patienten kennen uns ja schon, viele Möglichkeiten sich ein Bild von uns als Mensch zu machen. Es gibt Facebook, Instagram, LinkedIn, Xing, Google, Fachzeitschriften, viele Radiosender, viele Fernsehsender, Plakate auf Flughäfen und was weiß ich noch alles. Unsere zukünftigen Kunden können schauen, was unsere bestehenden und ehemaligen Patienten und Klienten so über uns im Netz sagen.

Die Typen da oben auf dem Plakat haben sicher viele, gut zahlende Kunden, die sie einordnen können und ihnen vertrauen. Ich bin´s halt nicht – wird denen egal sein.

Kennst du den Ausspruch: „Auf jedes Häfn passt ein Deckel!“ Das trifft nicht nur in der Partnersuche zu, sondern auch bei der Suche nach dem richtigen Arzt, Physiotherapeuten, Wundmanager, Diätologen usw. Es gibt genug Menschen, denen wir, so wie wir sind sympathisch und kompetent genug sind.

Niemanden sympathisch sind wir, übrigens kommen wir auch nicht kompetent rüber, wenn wir versuchen es allen Recht zu machen. Wenn wir etwas darstellen wollen, was wir nicht sind. Da rafft unser Gegenüber, kann es nicht einordnen und fürchtet sich.

Ich wünsche dir viel Spaß, wenn du der Mensch sein kannst, der du bist und dadurch Vertrauen schaffst.

Wolfgang Scherleitner

 

An´s no: Frage gezielt andere Menschen, wie du auf deiner Homepage, deinem Socialmedia-Profil und den Artikeln, die du schreibst wirkst. Der Blick von Außen hilft immer!