Sehr oft werden Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonen irrgeführt. Es wird ihnen vorgemacht, dass Patienten und Patientinnen mehr verstehen als sie es tatsächlich verstehen.

Was verstehen Patienten wirklich von dem was Ärzte sagen?

In Studien wurde nachgewiesen, dass ein Drittel aller Patienten zugeben, nicht zu wissen was „Angina Pectoris“ ist. Ein weiteres Drittel glaubte es zu wissen, aber bei näherer Befragung, konnten sie keine Antwort geben. Nun ist Angina Pectoris vielleicht ein komplexes Wort. Es wurden aber auch andere Wörter wie zum Beispiel Reflux, BMI und Ödem untersucht. Also Worte, die immer wieder im täglichen Leben vorkommen. Auch diese Worte konnten nicht viel besser von den Patienten erklärt werden. Also zwei Drittel der Befragten wussten nicht wovon gesprochen wurde.

Eingangs habe ich geschrieben, dass Du als Arzt, Ärztin oder Pflegeperson irregeführt wirst. Es muss doch verstanden werden, wenn vor „Zeit im Bild“ oder danach irgendjemand von seinen Refluxbeschwerden erzählt. Da kommt sogar die Feuerwehr und löscht im Magen einen Brand. Eh kloa! Eiso, wenn ma des jetzt net vasteht!

 

Gibt es Menschengruppen, die weniger verstehen und welche, die mehr verstehen?

Frau denkt nach

Nun wurde auch untersucht, welche Menschengruppe mehr versteht und welche weniger. Es macht keinen Unterschied, ob die Tageszeitung gelesen wird oder nicht. Jüngere Patienten verstehen mehr als ältere Patienten. Interessanterweise macht es einen Unterschied, ob die Patienten privatversichert sind oder nicht. Die Privatversicherten verstehen anscheinend mehr. Menschen mit einer längeren Ausbildungszeit verstehen mehr von dem was der Arzt sagt, als Menschen mit einer kürzeren Ausbildungszeit.

In diesen Studien wurde festgestellt, dass Ärztinnen und Ärzte allen ihren PatientInnen ein komplexeres Wissen zutrauen, als sie tatsächlich haben.

 

Warum ist das so?

Du kennst vielleicht den Begriff der Echobox. Der Begriff „Echobox“ ist mit den Aufkommen der sozialen Medien bekannt geworden. In den sozialen Medien bekommen wir immer wieder das vorgelegt, was uns interessiert, was wir gegoogelt haben oder wonach wir auf LinkedIn, Instagram, Facebook etc. gesucht haben.

Das erweckt bei uns den Anschein, dass die ganze Welt so ist. Wir bekommen also ein Echo von dem, was wir ohnehin schon wissen, zu wissen glauben oder gerne wissen möchten. Anderes wird uns gar nicht geliefert. (Nur so nebenbei, deshalb ist es aus meiner Sicht auch so wichtig, dass Du immer wieder in eine echte Buchhandlung gehst und Du dort nach echten Büchern suchst. Da haben die Algorithmen der Onlineshops kein Leiberl.)

Die Echobox gibt es schon immer. Wir haben uns mit den Menschen umgeben, die unserer Meinung sind, unsere Werte teilen, unsere Ansichten haben oder zumindest zulassen. Also kurzum wir umgeben uns mit Menschen, die verstehen, was wir sagen.

In Deiner Ordination, in Deiner Praxis ist das nicht so. Da kommen Menschen herein, die in einer ganz anderen Echobox leben als Du. Die in einer ganz anderen Welt leben als Du. Sie denken, sprechen und handeln anders als Du und die Menschen, die Dich umgeben.

 

Warum lassen uns Menschen glauben, dass sie mehr wissen, als sie es tun?

AufklärungsgesprächIn der Schule galten wir in vielen Fällen als doof, faul oder einfach nur ungewillt, wenn wir zu oft fragten. Wir lernten, dass wir, wenn wir lernen möchten nicht respektvoll behandelt wurden. In dieser Zeit haben wir uns Strategien zugelegt, die uns davor schützten erniedrigt zu werden, obwohl wir wissbegierig waren. Diese Strategien haben gut funktioniert, weil wir sie über viele Jahre gut trainiert haben. Diese Strategien, werden auch verwendet, wenn Menschen erwachsen sind, wenn Menschen beim Arzt sind.

Patientinnen und Patienten schauen zum Arzt, zur Ärztin zur Krankenschwester (sorry, der Begriff funktioniert hier besser als Pflegeperson) auf. Diese Menschen sind Respektspersonen. Vor diesen Respektspersonen möchten sie sich einfach keine Blöße geben und machen ihr Gegenüber glauben, dass sie mehr wissen und mehr verstanden haben, als es tatsächlich der Fall ist.

 

Lass es Dir vom Patienten, von der Patientin erklären, wovon Du gerade sprichst!

 

Warum ist das jetzt wichtig?

Studien belegen, dass je besser ein Patient über seine Erkrankung bescheid weiß, umso höher ist seine Compliance, umso besser ist der Behandlungserfolg. Je besser der Behandlungserfolg bei Deinen Patienten ist, desto besser ist Deine Reputation. Je mehr Deine Patienten verstehen, desto besser fühlen sie sich von Dir betreut und desto besser ist Deine Reputation.

Deine Wortwahl bei der Patientenaufklärung kann nicht einfach genug sein!

Je einfacher, desto besser! Deine Patienten sind unter Stress!

Denke an das Sender-Empfänger-Prinzip! Sendet der Sender komplex und der Empfänger kann nur einfach empfangen, wird das nix werden. Die alten Fernsehapparate können die komplexen digitalen Signale nicht mehr empfangen. Sendet der Sender einfach, so ist es für den Empfänger einfach sich darauf einzustellen. Downsizing geht in diesem Fall immer.

Mach es Deinen Patientinnen und Patienten einfach!

Wolfgang Scherleitner

 

 

 

Ahjo: Mehr zu diesem Thema erfährst Du in meinem Podcast

 

An´s no: Danke Pixabay für die Fotos!

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